Am Mittwoch führten wir auf dem Unicampus Griebnitzsee die Eilaktion „100 Hände für Kobra Babaei“ durch. Diese richtete sich gegen die drohende Steinigung einer Iranerin.
Auf dem Campus Griebnitzsee der Universität Potsdam hatten es die Mitglieder im Foyer des Hauses 6 von 11 bis 14 Uhr geschafft, 100 Studierende in eine Protestaktion einzubinden, mit der die drohende Steinigung der Iranerin KOBRA BABAEI öffentlich angeklagt wurde. Dazu wurde jeweils eine Hand eines Passanten mit roter Farbe eingestrichen, die einen markanten Handabdruck auf einem Blatt Papier hinterließ – ein symbolischer Akt, dessen individuelle Spur auf dem Papier ein Zeichen gegen die Verletzung des Menschenrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit setzte. „Die Hand eines Menschen ist etwas so Persönliches und allein ihr Abdruck geht einem in diesem Kontext sehr nah. Wir glauben, dass das einen stärkeren Eindruck im iranischen Justizministerium hinterlässt, als eine Liste mit 100 Unterschriften“, erklärt Gesine Dannenberg, Initiatorin der Aktion und Studentin der Europäischen Medienwissenschaft in Potsdam.
Ein kurzer persönlicher Aufruf, das tödliche Urteil fallen zu lassen, vollendete die „100 schützenden Hände“, die noch am darauffolgenden Freitag an den iranischen Justizminister Ayatollah Sadeqh Larijani verschickt wurden.
Bereits am Freitag, 6. November 2009, hatte die Hochschulgruppe eine Kneipensammelaktion in Potsdamer Bars und Kneipen durchgeführt, um die Leute auf die Arbeit von Amnesty International aufmerksam zu machen und u. a. für diese konkrete Aktion Briefporto und Materialkosten finanzieren zu können. Dabei hatten sich sehr viele Potsdamer für die Aktion interessiert und gern etwas gespendet. Die Mitglieder der Hochschulgruppe waren gemeinsam in die Kneipen gegangen und hatten Jeden und Jede einzeln angesprochen.
Womöglich kann die Entscheidung durch die Eilaktion, zu der Amnesty International öffentlich aufgerufen hat, noch einmal gekippt werden, denn zurzeit wird im Parlament über eine Neufassung des Strafgesetzbuchs beraten. Im Juni 2009 empfahl der Rechtsausschuss des iranischen Parlaments (Majiles), den Absatz aus dieser Fassung zu streichen, der Steinigung als Strafe vorsieht. Nach der Verabschiedung im Parlament geht die Neufassung des Strafgesetzbuchs zur Bestätigung an den Wächterrat. Beide Gremien sind befugt, die Wiederaufnahme der Steinigungen im Strafgesetzbuch zu erwirken.
Kobra Babaei ist in unmittelbarer Gefahr, zu Tode gesteinigt zu werden, nachdem ihr Ehemann Rahim Mohammadi am 5. Oktober 2009 wegen homosexueller Handlungen gehenkt wurde. Die iranischen Behörden hatten den Anwalt von Rahim Mohammadi nicht über die bevorstehende Hinrichtung informiert, obwohl dies nach iranischem Recht vorgeschrieben ist.
In einem Interview Anfang des Jahres hatte Mohamad Mostafaei, der Anwalt von Kobra Babaei und Rahim Mohammadi, erklärt, das Ehepaar habe nach einer langen Zeit der Arbeitslosigkeit versucht, durch Prostitution seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Kobra Babaei und Rahim Mohammadi wurden daraufhin des “Ehebruchs” schuldig befunden – ein “Vergehen”, das mit dem Tod durch Steinigung bestraft wird. RahimMohammadi wurde außerdem “homosexueller Handlungen” für schuldig befunden und wegen dieser “Straftat” ebenfalls zum Tode verurteilt, wobei die Hinrichtungsmethode vom Richter festgelegt wird. Mohamad Mostafaei betrachtet die Hinrichtung von Rahim Mohammadi als rechtswidrig und wandte sich in einem Schreiben an die Oberste Justizautorität des Iran. Darin machte er geltend, dass es keine Beweise für homosexuelle Handlungen seines Mandanten gebe, und er davon ausgehe, dass diese Anklage gegen seinen Mandanten erhoben wurde, damit die Behörden ihn durch den Strang hinrichten konnten und nicht durch Steinigung. Der Anwalt befürchtet nun, dass Kobra Babaei nach der Hinrichtung ihres Mannes in unmittelbarer Gefahr ist, zu Tode gesteinigt zu werden.
Ein Mann und eine Frau, die ebenfalls wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt worden waren (siehe Urgent Action 10/2009) wurden im Oktober 2009 freigelassen, nachdem die Oberste Justizautorität ihre Schuldsprüche aufgehoben hatte.
Mehr Informationen zu diesem Fall unter:
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-050-2009-2/drohende-steinigungen
Momentan gibt es leider noch keine Meldungen über Kobra Babaeis Schicksal. Die Hochschulgruppe verfolgt weiterhin den aktuellen Stand der Dinge im Iran.